14. August 2024, Wohnen und Energie
Dach oder Balkon? Bahn frei für PV-Anlagen!
Im Mai 2024 ist das Solarpaket I in Kraft getreten. Damit ist es für Privatpersonen nun deutlich einfacher, eine Photovoltaik-Anlage in Betrieb zu nehmen. Vor allem für Balkonkraftwerke gibt es Verbesserungen. Aber auch die gemeinschaftliche Nutzung von PV-Strom wird unkomplizierter.
Die meisten Fachleute sind sich einig: Die Bedingungen für Photovoltaik waren selten so gut. Kein Wunder, dass sich immer mehr Menschen eine PV-Anlage anschaffen. Auch die Bundesregierung will Solarenergie stärken und hat deshalb einige Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, unter anderem das Solarpaket I. Wir fassen die wichtigsten Neuerungen zusammen.
Schnellere Genehmigung
Wer eine PV-Anlage ans öffentliche Stromnetz anschließen will, muss dafür eine Netzanfrage beim zuständigen Netzbetreiber stellen. Da die Beantwortung teilweise zu lange dauerte, gibt es seit Mai 2024 eine neue Regelung: Netzbetreiber sind nun verpflichtet, eine Anfrage zur Installation einer Photovoltaik-Anlage bis 30 kWp innerhalb von vier Wochen zu beantworten. Ansonsten gilt die Anlage automatisch als genehmigt.
Weniger Bürokratie bei Balkonkraftwerken
Nicht jeder wohnt im Einfamilienhaus und hat ein geeignetes Dach für eine PV-Anlage. Deshalb sind seit einiger Zeit sogenannte Stecker-Solargeräte, auch als Balkonkraftwerke bekannt, sehr beliebt. Die Module können an Balkonen, aber auch an anderen geeigneten Standorten montiert werden. Sie dürfen bis zu 800 Watt Leistung einspeisen. Bisher waren es 600 Watt.
Bereits seit April ist eine Anmeldung von Balkonkraftwerken beim Netzbetreiber nicht mehr notwendig. Die Anlage muss nur noch beim Marktstammdatenregister eingetragen werden. Dafür sind nur wenige Angaben notwendig.
Alte Zähler übergangweise erlaubt
Grundsätzlich gilt: Wer eine PV-Anlage betreibt, braucht einen Zähler mit Rücklaufsperre. Denn ältere Zähler würden sonst, wenn die Anlage Strom ins Netz einspeist, rückwärtslaufen – das ist nicht erlaubt. Mit dem Solarpaket I gibt es diesbezüglich Erleichterungen: Wer einen älteren analogen Stromzähler hat, darf diesen für sein Balkonkraftwerk übergangsweise weiter nutzen. Der Netzbetreiber wird über das Marktstammdatenregister benachrichtigt und muss dann einen modernen Zähler einbauen. Besitzer eines Balkonkraftwerks müssen sich nicht selbst kümmern und auch nichts für den Austausch bezahlen.
Normale Stecker bei Balkonkraftwerken akzeptiert
Zum Thema Stecker arbeitet der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) noch an einer Norm. Es läuft aber darauf hinaus, dass keine besonderen Stecker oder Steckdosen vorgeschrieben werden. Ein einfacher Schuko-Stecker soll genügen. Bei älterer Hauselektrik ist eine Überprüfung durch eine Fachperson empfehlenswert.
Mehr Rechte für Mieterinnen und Mieter
Hier gibt es eine interessante Neuerung: Der Bundestag hat am 4. Juli das Wohneigentums- und Mietrecht geändert. Balkonkraftwerke zählen nun als „privilegierte Maßnahme“ und dürfen nicht ohne Grund von Vermietenden oder Wohnungseigentumsgemeinschaften (WEGs) abgelehnt werden.
Wer ein Balkonkraftwerk installieren will, kann also die Genehmigung von Vermieter oder WEG verlangen. Diese können Vorgaben zur Gestaltung machen, sofern diese nicht überzogen sind. Der Denkmalschutz muss weiterhin beachtet werden.
PV-Strom für Mehrfamilienhäuser
Bisher war es in Mehrfamilienhäusern relativ kompliziert, den Strom von einer PV-Anlage selbst zu nutzen. Denn Vermietende bzw. WEGs wurden so zum Stromlieferanten mit den entsprechenden Pflichten. Solche „Mieterstrom“-Modelle lohnen sich deshalb in der Regel nur für größere Gebäude und Wohnungsbauunternehmen.
Mit dem Solarpaket I hat der Gesetzgeber nun die sogenannte „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ geschaffen. Der Strom aus der PV-Anlage wird den Wohnungen dabei anteilig zugerechnet und von den Netzbezugsmengen abgezogen. Überschüsse werden ins Netz eingespeist und vergütet. Für den Reststrom schließt jede Mietpartei bzw. jeder Eigentümer und jede Eigentümerin selbständig einen Vertrag mit einem Energieversorger.
Dank der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung werden PV-Anlagen nun auch für kleinere Mehrparteienhäuser interessant. Der bürokratische Aufwand ist geringer als beim bisherigen Mieterstrom-Modell und die Bewohnerinnen und Bewohner profitieren vom günstigen Solarstrom.
Einkommensteuer und Umsatzsteuer
Unabhängig vom Solarpaket I gab es schon im vorigen Jahr einige Verbesserungen: Erstens wurden die Einnahmen aus kleineren, privat betriebenen PV-Anlagen von der Einkommenssteuer befreit – und zwar rückwirkend ab 2022. Damit wird die Steuererklärung einfacher, die Hilfe eines Steuerberatungsbüros ist nicht mehr unbedingt notwendig.
Zweitens entfällt seit 2023 die Umsatzsteuer beim Kauf einer Anlage bis zu 30 kWp (Kilowatt-Peak), und zwar sowohl für die Anlage selbst als auch für Komponenten wie Wechselrichter und Batteriespeicher. Auch die Installation ist umsatzsteuerfrei.
Weitere Erleichterungen geplant
Mit weiteren Erleichterungen wird bis Ende des Jahres gerechnet. Das geplante „Solarpaket II“ der Bundesregierung soll unter anderem Photovoltaik an denkmalgeschützten Gebäuden erleichtern.
Hilfreiche Informationen
Mit der Solaroffensive unterstützt die Stadt Stuttgart Gebäudeeigentümer, Mieter, Pächter und Anlagenbetreiber beim Ausbau der Stromerzeugung durch Solarenergie. Mehr zum Förderprogramm hier.
Zu den aktuellen Informationen der Bundesregierung geht es hier.
Die Verbraucherzentrale hat einen Überblick über steuerliche Regelungen bei Photovoltaikanlagen zusammengestellt.
BILDNACHWEIS: FRANZ26 / PIXABAY