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13. März 2023, Urbanes Grün

Drei Fragen an... Gabriele Heusel-Voraus, Koordinierungsstelle für Förderprogramme Urbanes Grün

Stadt und Land – für viele ein nicht zu vereinbarender Gegensatz. Aber was wäre, wenn im Stuttgarter Stadtgebiet an jeder Ecke das Grün sprießen würde? Dann hätten wir nicht nur Balsam fürs Auge, sondern könnten mit mehr Natur dem voranschreitenden Klimawandel kräftig etwas entgegensetzen. 
Gabriele Heusel-Voraus ist zusammen mit drei Kolleginnen verantwortlich für die Förderprogramme „Stuttgarter Grünprogramm“ und Urbane Gärten“ beim Amt für Stadtplanung und Wohnen der Stadt Stuttgart. Im Interview erzählt sie uns, warum jeder kleine Beitrag so wichtig ist und wie die Förderprogramme unterstützen können.

1) Frau Heusel-Voraus, warum liegt Ihnen das sogenannte „urbane“ also städtische Grün am Herzen und warum sind die Förderprogramme dabei besonders wichtig?

Heusel-Voraus: Urbanes Grün übernimmt besonders in der Stadt eine wichtige Rolle. Durch die Bebauung und Versiegelung von vielen Flächen heizt sich die Stadt extrem auf. Besonders in den Sommermonaten wird die tagsüber gespeicherte Hitze in der Nacht nur langsam wieder abgebaut. Die fehlende Nachtabkühlung belastet die Gesundheit der Stadtbewohnerinnen und -bewohner. Generell beeinflusst urbanes Grün drei große Bereiche: Klima und Umwelt, Artenvielfalt und Wohlbefinden bzw. Gesundheit. 
Grün entspannt, fördert unsere Erholung und dient somit der Zufriedenheit und Gesunderhaltung. Auch die Aufenthaltsqualität steigt. Wir erleben den Wandel der Jahreszeiten und fühlen uns wieder als Teil des Ganzen, verbunden mit der Natur. Für den Klimaschutz brauchen wir die Pflanzen als CO2-Fänger, die zusätzlich die Luft filtern, kühlen und Wasser speichern. Auch für die Artenvielfalt ist Grün wichtig. So benötigen Insekten die blühenden Pflanzen als Nahrungsquelle. Im Gegenzug profitieren andere Tiere und die Menschen von den leckeren Früchten dank der Bestäubung der Blüten. In unseren Städten sind inzwischen zahlreiche Arten aufgrund der Bebauung, Versiegelung und intensiver Nutzung von Flächen bedroht.
Die Förderprogramme sind eine attraktive finanzielle Unterstützung für Bürgerinnen und Bürger, die dazu beitragen, dass die Stadt Stuttgart grüner wird. Durch die kostenlose Beratung, die wir jedem anbieten, können die Förderprogramme richtig genutzt und beispielsweise insektenfreundliche Pflanzen an den passenden Stellen gepflanzt werden. Das ist nachhaltig und ein Gewinn für Mensch und Tier. 

2) Wie machen die Förderprogramme „Stuttgarter Grünprogramm“ und „Förderprogramm Urbane Gärten“ fit für ein klimaneutrales Stuttgart 2035? 

Heusel-Voraus: Pflanzen und Bäume gelten als die „grüne Lunge“ der Städte. Sie filtern Stäube aus der Luft, binden schädliches CO2 und sorgen gleichzeitig für mehr Sauerstoff.  Zusätzlich speichert jede entsiegelte Fläche, jeder Baum und jede Pflanze, das in unserer heutigen Zeit so wertvoll gewordene Gut Wasser. Der Boden und die gesamte Pflanze funktionieren dabei wie ein Schwamm. Sie saugen das Wasser auf und geben die Feuchtigkeit nur langsam durch Verdunstung wieder ab. Durch die Verdunstung wird der Luft Wärme entzogen und ein positiver Kühlungseffekt entsteht. Im Gegensatz dazu wird Niederschlagswasser auf asphaltierten Flächen sofort in die Kanalisation geleitet und das restliche Wasser verdunstet schnell. Deswegen leisten Pflanzen und entsiegelte Fläche nicht nur wegen der wohltuenden Optik einen Beitrag für ein attraktives Stuttgart der Zukunft. In der Innenstadt könnten zum Beispiel auch Stellplätze oder Innenhöfe teilentsiegelt und der Asphalt durch einen wasserdurchlässigen Belag wie Rasenfugenpflaster ersetzt werden. Niedrig wachsende Kräuter wie Thymian und Nelkenarten können sich in den Fugen ansiedeln, dadurch den Boden beleben und Insekten als Nahrung dienen. Die Förderprogramme erleichtern allen, Maßnahmen zu ergreifen, die das Mikroklima in ihrem direkten Umfeld verbessern. Ein Großteil der Fläche von Innenstädten ist versiegelt. Die Entsiegelung von vielen kleinen Teilen würde dementsprechend eine große Wirkung haben. 
Die Stadt Stuttgart bietet zusätzlich Fördermöglichkeiten für Unternehmen, die ihr Bürogebäude begrünen oder zum Beispiel eine begrünte (Dach-)Terrasse für die Mitarbeitenden planen. Zusammen mit den Privateigentümer*innen, die sich für mehr Grün einsetzen, bedeutet das einen großen Schritt Richtung Klimaneutralität 2035. So sorgt etwa eine Fassadenbegrünung nicht nur für Verdunstungsfeuchtigkeit, sie kühlt zudem das Gebäude auch im Sommer. Das wiederum bedeutet, dass die Klimaanlage nicht auf Hochtouren laufen muss und Strom eingespart werden kann.  
Auch das „Förderprogramm Urbane Gärten“ bietet eine tolle Möglichkeit, um neben den genannten ökologischen Aspekten auch gesellschaftliche und soziale Kontakte zu schaffen und zu verbessern. Auf brachliegenden Flächen, Gartengrundstücken oder öffentlichen Flächen können Gemeinschaftsgärten auch ohne Eigentum für eine Gruppe von mindestens drei Personen entstehen. Dafür gibt es eine Erstunterstützung von 4.000 Euro und Folgeunterstützungen von 2.000 Euro pro Jahr – ideal für alle, die gemeinschaftlich gärtnern, ernten und Pflanzen im Jahresverlauf kennenlernen möchten.

3) Im Rahmen der Förderprogramme bieten Sie auch kostenlose Beratungsgespräche an. Wie läuft so ein Gespräch beispielsweise für das Stuttgarter Grünprogramm ab und was ist das Ziel davon? 

Heusel-Voraus: Anfragen erreichen uns sowohl telefonisch als auch per E-Mail. In einer ersten Kontaktaufnahme klären wir gleich zu Beginn, ob es sich beim vorgestellten Projekt um eine deutlich spürbare ökologische Aufwertung handelt. Im Fokus stehen sollte, dass sich das Projekt positiv auf das Klima und den Artenschutz auswirkt und wenn möglich gleichzeitig einen positiven Effekt für die Bewohner*innen hat. Verschiedene Kriterien werden dafür abgefragt: Wie viel Fläche ist im Moment versiegelt? Wie sehen die Flächen aus? Welche Änderungen sind für diese Flächen geplant? Wo liegt das Grundstück? Denn je nach Lage unterscheidet sich die Förderhöhe. Im stark wärmebelasteten „Talkesselbereich“ werden 70 Prozent der Kosten gefördert, maximal 45.000 Euro je Grundstück. Im sonstigen Stadtgebiet liegt die Förderung bei 50 Prozent der Kosten und maximal 30.000 Euro je Grundstück. Bei Entsiegelungen mit Begrünung ist auch der bisherige Versiegelungsgrad des Grundstücks wichtig. Liegt dieser unter 31 Prozent, erfüllt er die Voraussetzungen für die Förderung nicht. Fassaden-, Dachbegrünungen und die Anlage von artenreichen Blühflächen sind davon allerdings unabhängig. So können artenarme Pflanzungen, die keine Nahrung für Insekten und Vögel bieten, durch blühende, insektenfreundliche Sträucher, Gehölze und Stauden ersetzt werden. Die Pflanzen, die wir empfehlen, sind überwiegend heimisch, langlebig, sehr robust und brauchen keine Pflanzenschutzmittel. Fotos, erste Skizzen und eine Beschreibung helfen uns bei der Einschätzung der Fördermöglichkeiten. Bei Bedarf vereinbaren wir aber auch einen Vorort-Termin, um noch nähere Details zu erfahren. 
Sind die Voraussetzungen geklärt, beraten wir individuell und zeigen auf, welche Möglichkeiten zur Begrünung bestehen. Oft ist es den Interessierten gar nicht bewusst, was sie alles zum Positiven verändern können. 


Unter folgendem Link sind weitere Informationen sowie die Förder-Richtlinien und Antragsformulare zu finden: 
www.stuttgart.de/gruenprogramm

Bildnachweis: LHS

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