Drei Fragen an… das Stuttgarter Bioökonomie-Startup PROSERVATION

1) Was aussieht wie ein Müsliriegel, sind gepresste Dinkelspelzen. Warum habt Ihr Euch für dieses Material entschieden? Wie kam es zu diesem Projekt?

Die initiale Idee, Getreidespelzen (Umhüllungen von Getreiden wie Dinkel, Hafer, Reis, Buchweizen) als Ausgangsmaterial für ein Verpackungspolstermaterial zu nutzen, kam unserer Mitgründerin Lisa im Rahmen einer Studienarbeit in „Packaging Development & Management“. Um die Porosität und Polsterwirkung in herkömmlichen (Kunststoff-)Materialien bereitzustellen, werden unter hohem Energieaufwand Hohlräume erzeugt. Lisa fragte sich, ob dieser Prozessschritt nicht einfach umgangen werden könne, indem man Materialien nutzt, die bereits natürlich gewachsene Hohlräume aufweisen. Da ihr Vater einst diese Umhüllungen von Getreidekörnern als Kissenfüllungen nutzte, kam Lisa auf die Idee, sie zu verkleben. 
Spelzen fallen bei Schälmühlen als Abfallprodukt an. Wir nutzten vornehmlich Dinkelspelzen aus der Region, da hier das größte deutsche Anbaugebiet für Dinkel ist. Wir präferieren kurze Transportwege.

2) Welche Menschen und Professionen stehen hinter RECOU?

Unser Gründungsteam besteht aus Lisa Scherer (M. A. Verpackungsmanagement), Nils Bachmann (M. Sc. Wirtschaftsinformatik), Sophia Scherer (B. Eng. Verpackungsentwicklung) und Henning Tschunt (M. A. Nachhaltige Unternehmensführung) und kombiniert unterschiedliche fachliche Hintergründe, Erfahrungen und Kompetenzen. Mittlerweile haben wir unser PROSERVATION-Team auf acht Personen erweitert, indem wir einen Bio-Verfahrenstechniker sowie Produktionsmitarbeitende und eine Werkstudentin eingestellt haben.
 
Wir sind uns bewusst, dass eine Veränderung des Wirtschaftens zugunsten einer lebenswerten Zukunft nur mit vereinten Kräften möglich ist. Bereits seit der Vorgründungsphase sind wir deshalb in verschiedenen werteverwandten Initiativen aktiv und haben ein umfangreiches, kooperatives Netzwerk aufgebaut. Im Bereich nachhaltigen Wirtschaftens, Kreislaufwirtschaft und/oder zirkulären Bioökonomie sowie in der Startup-Szene und mit Forschungseinrichtungen sind wir heute sehr gut vernetzt (etwa via Circular Futures von ProjectTogether, Chemiecluster Bayern, BioEconomy Cluster, PlanB, Smart Green).

3) Wie sieht die ideale Welt aus? Könnte herkömmliches Verpackungsmaterial eines Tages vollständig durch Euer Naturmaterial ersetzt werden?

Wir wollen einen pro-aktiven Beitrag leisten, unsere natürlichen Lebensgrundlagen – die Voraussetzungen unseres Wirtschaftens – zu erhalten. Uns verbindet die Überzeugung, dass der Wirtschaft eine dienende Funktion innerhalb der Gesellschaft zukommt. Unsere Vision ist eine Welt, in der alle Verpackungen ökologisch verträglich sind.
Schon heute zeichnet sich ab, dass es nicht ein einziges biobasiertes Material für sämtliche Anwendungen im Verpackungsbereich geben wird. Vielmehr wird sich eine Vielzahl von verschiedenen Materialien für die Anwendung in unterschiedlichen Nischen etablieren, in denen sie performativ überzeugen. Unsere Nische ist jene der formschlüssigen Schutzverpackung für fragile und/oder schwere Güter. Wir schätzen sehr, dass sich auch andere auf den Weg gemacht haben, um den unnötigen Einsatz von Kunststoffverpackungen mit cleveren Naturmaterialien zu reduzieren.

Mehr Informationen:

• Natürliches Polster- und Verpackungsmaterial: https://www.proservation.eu
• Crowdinvestung-Plattform: https://www.econeers.de/investmentchancen/proservation?entryPoint=proservation